StummfilmKonzerte – So haben Sie Stummfilme noch nie gehört.

Glossar

Kinoorgel
Kinoorgel - Kritische Betrachtung von Stephan v. Bothmer
Kinoorgeln in Deutschland

Die Kinoorgel im Babylon Berlin
Perkussion und Geräusche
Spieltisch
Pfeifenregister Mutliplex
Effektregister
Registerbelegung Crescendo-Walze

Die Kinoorgel

Die Kinoorgel ist ein Musikinstrument, ähnlich einer Kirchenorgel. Unzählige Pfeifen erzeugen den Ton.

Zusätzlich gibt es Effekt-Register mit Pauken, verschiedenen Trommeln und Becken, Kirchenglocken, ein Zuggeräusch, Brandung, eine Schiffssirene, Xylophon uws. Alle Klänge lassen sich über die Tastaturen und über Pistons (Fußtreter) spielen und werden mechanisch erzeugt. Es gibt keine Samples.

Kinoorgeln sind Mulitplexorgeln, viele Pfeifen werden von mehreren Registern benutzt. Dadurch wird weniger Platz benötigt und die Orgeln konnten so kompakt gebaut werden, dass Sie ins Kino passten. Auf der Anderen Seite nehmen sich die Register aber gegenseitig die Stimmen weg, was im Verhältnis zu einer klassischen Kirchenorgel zu einem deutlich weniger strahlendem Klang führt. (1)

Der Klangunterschied zur Kirchenorgel besteht aber auch in der Bauweise der Pfeifen, die ein Orchester immitieren sollte und was sich in zum Teil sehr blumigen Bezeichnungen für die Register ausdrückt: Lotusflöte, Violine, Gamba, aber eben auch Klarinette und Saxophon.

Die Übertragung des Tastenanschlags zu den Pfeifen bzw. den Effekten (sic Gramatik!) erfolgt elektronisch. Dadurch konnte der Spieltisch realtiv frei positioniert werden, was erst die für die Filmbegleitung notwendige Sicht auf die Leinwand ermöglichte.

Kritische Einschätzung

Von Stephan v. Bothmer

Ein Beispiel: Das Zuggeräuch.

Das Zuggeräusch wird durch eine Art platgedrückten Schneebesen erzeugt, der auf einer hubbeligen Metallplatte hin und herbewegt wird. Es klingt ziemlich genau nach Modelleisenbahn.

Wird bei einer Zugszene das Zuggeräusch angestellt besteht zunächst das Problem, dass es viel zu winzig ist und die Gefahr besteht, die in der Regel großartigen Aufnahmen im Film zu zerstören. Oft wird im Publikum an dieser Stelle gelacht.

Aber selbst, wenn das Zugeräusch genau zum Bild passen würde, was wäre die Aussage? Doch nur einfach "Zug fährt". Das sieht aber jeder selbst.

Viel wichtiger ist doch: Um was für einen Zug handelt es sich? Eine gewaltige Lokomotive? Die ins Unglück fährt? Der Zug der Liebenden? Der sie zusamenbringt voll Sehnsucht, oder der sie für immer trennt? Oder ist es ein Symbol für die Großartigkeit der Nation, die, wie bei "Das neue Babylon" vielleicht direkt in den Abgrund führt? Geht es um den Rhythmus und die Geschwindigkeit (Berlin. Die Sinfonie der Großstadt)? Steht ein Zusammenstoß an (Orlacs Hände)? Oder eine Kriminalgeschichte (Spione)?

Dies alles kann man nur auf den Tasten mit Musik ausdrücken. Und nur dort kann das wichtige Anfahren und Abbremsen dargestellt werden. Nur auf den Tasten kann man wirklich interpretieren und Emotionen erzeugen.

Und: Das geht noch besser als auf der Kinoorgel auf dem Klavier.

Überhaupt verbindt sich mit dem Filmbild grundsätlich der Kang des Flügels und des Orchesters am besten. Dann kommt erst mal lange gar nichts.

Die Kinoorgel war auch in der Stummfilmzeit künstlerisch umstritten. Willy Sommerfeld sagte mir einmal, dass er von Kinoorgeln gar nichts halte.

Bei heutigen Instrumenten besteht das Problem, dass sie weder gut gestimmt sind, noch - aufgrund ihrer Komplexität - technisch richtig funktionieren. Bei einer Kinoorgel, die nicht genannt werden möchte, fehlen alle Register zusammengenommen, über 80 Töne. Viele Effekte kommen nicht oder viel zu spät, oder nur manchmal.

Doch dann wurde ich 16 Stunden lang mit einer Kinoorgel eingeschlossen.

Damals bin ich bis in die Tiefen des Instruments vorgedrungen und habe meinen Frieden mit diesem Widerspenstigen und Borstigen Wesen ausgehandelt.

Inzwischen liebe ich es, die Effekte etwas kreativer zu nutzen (das Zuggeräusch lingt etwas nach einer wie im Jazz mit einem Besen spielten Snardrum) und mir die heulenden Töne (meist kaputte Pfeifen) zu merken, um sie an der richtigen Stelle einzusetzen. Wirklich praktisch sind Pauke und Becken, die man genausogut als Effekt wie musikalisch einsetzen kann.

Zu meiner anfänglich großen Überraschung scheint das Publikum Stummfilmaufführungen mit Kinoorgel-Begleitung zu begeistern.

„Eine beeindruckend gelungene packende Neukomposition des jungen Berliner Komponisten Carsten-Stephan Graf v. Bothmer“ (FilmDienst)

„Ich wurde durch die Musik sofort in den Film gesogen“ (Timothy Grossman)

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